Vom Winde verweht - 6 Gründe wieso man dem knapp vier Stunden langen Film aus dem Jahre 1939 vielleicht doch eine Chance geben sollte:


Gone with the wind, US, 1939, MGM

Grob zusammengefasst erzählt der Film die Geschichte einer starken Frau, die egoistisch durchs Leben geht und den einen Mann anhimmelt, den sie niemals bekommen wird.
Als Kulisse dienen dafür die Südstaaten während und nach dem amerikanischen Bürgerkrieg.

Was man über den Film wissen sollte:

Auch wenn heute Avatar die offizielle Liste der erfolgreichsten Filme aller Zeiten anführt, ist "Vom Winde verweht" - wenn man die Inflation miteinberechnet - seit seinem Erscheinen 1939 der erfolgreichste Film der Filmgeschichte. In den Hauptrollen findet man Clark Gable, Vivien Leigh, Leslie Howard (auch wenn der weibliche Vorname irritiert, handelt es sich um einen männlichen Schauspieler) und Olivia de Havilland.

Man kann den Film von vielen Blickwinkeln aus betrachten. Für die einen ist er ein wertvoller Klassiker oder nur eine kitschige Liebesschnulze, andere werfen ihm Rassismus und die Glorifizierung vom Heldentod im Krieg vor. Ich hab ihn hauptsächlich deswegen geschaut, weil ich der Ansicht war, als bekennender Filmfan sollte man ihn definitiv mal gesehen haben, um sich eine Meinung zu bilden. Auch wenn der Film lang war - vier Stunden sind immerhin das Doppelte, was man sonst von Filmen geboten bekommt - war ich definitiv unterhalten!

Im Folgenden möchte ich euch vorstellen, was mir persönlich an diesem Film gefallen hat und wieso es sich für euch lohnen könnte, den Film zu schauen:

1. Scarlett O'Hara - das egoistischste Miststück, das sich die Welt nur vorstellen kann

Gone with the wind, US, 1939, MGM
Als Hauptperson wirklich einzigartig. Von Anfang an sucht das Mädchen die Aufmerksamkeit, schmeißt sich an jeden Mann in ihrer Umgebung heran - egal ob frei oder vergeben - und Heiratet den Nächstbesten nur um ihren geliebten Ashley, der leider schon vergeben ist, eifersüchtig zu machen. Kaum stirbt ihr kürzlich Angetrauter, versinkt sie in Kummer darüber nun immer schwarz tragen zu müssen und auf Bällen nicht mehr tanzen zu dürfen. 
Ich muss schon sagen: Der Krieg schafft die seltsamsten Witwen  
Scarlett ist die Art von Mensch, die sich in einem Krankenhaus voller leidender Menschen lieber wieder aus dem Staub macht, statt zu helfen. 
Sie zickt herum und wird beleidigend, wenn ihr geliebter Ashley ihr mal wieder klar zu machen versucht, dass das mit ihnen nichts wird oder sich Rhett Butler (Clark Gable) über eben dies lustig macht. 
Auf ihrer ewigen Jagd nach dem geliebten Ashley tritt sie um sich, ignoriert die Gefühle anderer, denkt nur an ihren eigenen Vorteil, heiratet und verrät für Geld und ist durch und durch ein unausstehliches Miststück.

Allerdings ein sehr menschliches unausstehliches Miststück, das man auch bewundern kann. 

Scarlett ist unglaublich zäh. Boxt sich ohne Rücksicht auf Verluste durchs Leben, kommt aber auch immer dorthin wo sie möchte. 
Es ist göttlich ihr dabei zuzusehen, wie sie die trauernde Witwe spielen soll, obwohl sie doch einfach nur Tanzen möchte, und wie es ihr völlig gleich ist, was sich gehört und was nicht.

Scarlett beißt und kratzt und giftet, wann immer es nur geht. Auch wenn man sich Anfangs noch unsicher ist, ob man sich wirklich mit so jemandem anfreunden kann, irgendwann habe ich sie vergöttert. Vor allem im mittleren Teil des Filmes hatte sie sehr viele sehr starke Momente. 

2. Das, was man denkt, das man will und das, was man wirklich will

Scarlett will Ashley. Jedem ist klar, dass die beiden nicht zusammen passen, vorallem Ashley ist das klar, aber das zählt für Scarlett nichts. Scareltt will Ashley und daran hält sie seit ihrer Jugend fest, obwohl ihr ein anderer Mann zur Seite steht, der perfekt für sie geschaffen ist. 

Es ist offensichtlich, dass Scarletts "wollen" nur Schwärmereien sind und würde sie Ashley doch eines Tages zum Mann bekommen, würde sie nicht glücklich mit ihm werden. Jeder außer Scarlett erkennt das und sie ist so in ihren Gefühlen gefangen, die es ihr nicht ermöglichen mit dem was sie hat glücklich zu werden - was sie definitv könnte.
You're throwing away happiness with both hands, and reaching out for something that will never make you happy.
Ich kann dieses "Verzehren nach dem Unerreichbaren", dass das "Zufriedensein mit dem was man hat" verhindert, sehr gut nachempfinden und der Film behandelt dieses Thema so ausführlich, dass man vielleicht doch ein paar Lehren für sich dabei herausziehen kann. 

3. Rhett Butler - Das Gegenstück

Gone with the wind, US, 1939, MGM
Auch wenn ich den Charakter, dem ersten Eindruck nach, als pädophil und nicht mein Typ eingestuft hatte... Rhett Butler ist göttlich. Völlig unbeeindruckt von Scarlett - amüsiert sich nach Herzenslust über sie und bringen dem Zuschauer göttliche Dialoge.

Der Film ist alleine wegen diesem ewigen Gezänke wert geschaut zu werden!

4. Die Liebesgeschichte

She was the only dream I ever had that lived and breathed and did not die in the face of reality.
Ich bin ein Fan von mehr oder weniger tragischen Liebesgeschichten und Paaren, die schon deshalb so gut zusammenpassen, weil sie kaum ein nettes Wort wechseln. Beides hat der Film gegeben.

Das Klitschee vom Soldaten, der aus dem Krieg zurückkehrt und seiner Frau entgegenrennt, als sie ihn das erste Mal seit Jahren wieder erblickt, mag vielleicht ausgetreten sein - ich finde es trotzdem unglaublich romantisch. Wenn man sich drauf einlässt, kriegt der Film doch eine kleine Träne in deinen Augenwinkel und wenn das ein Film schafft, hat er immer meinen Respekt! 

Der Film ist bekannt für die Liebesgeschichte, also ist es vermutlich keine Überraschung - ich wollte es nur noch einmal erwähnen um zu zeigen, dass es eine ernstzunehmende Liebesgeschichte ist, bei der man ein klein wenig dahinschmelzen kann.
All right I'll say it. I love your courage and your stubborness. I love them so much that a moment ago I could have forgotten the best wife a man ever had.

5. Kriege & wie sie Leben auf den Kopf stellen

Die Liebesgeschichte spielt vor dem Hintergrund des amerikanischen Bürgerkrieges und ich finde es in Filmen, die Krieg thematisieren - egal welchen - immer interessant auf welche Weise sie das tun. 
Most of the miseries of the world were caused by wars. And when the wars were over, no one ever knew what they were about.
Das Zitat oben, kommt schon ziemlich am Anfang des Filmes von Rhett Butler, als die Südstaatler nur über den Krieg reden, der noch nicht angefangen hat. Auch wenn ihm damals kaum jemand zustimmte, behält Rhett am Ende Recht. Der Film zeigt den Krieg auf genau die Weise, wie es in dem Zitat geschildert wird. 

Zum einen kümmert er sich nämlich nicht wirklich um die politische Motivation hinter dem Krieg. Sie wird angerissen, aber die Handlung dreht sich nicht um den Krieg an sich, sondern um die normalen Bürger, auf die sich der Krieg auswirkt. Nicht sehr positiv auswirkt wohlgemerkt. Der Krieg bringt zwar Scarletts stärkste Seite zum Vorschein, ist allerdings der Grund, weshalb sie nach dem Krieg bissiger ist als je zuvor. 

Der Krieg zerstört, dreht das Leben der Menschen, die in ihn hineingeraten vollständig auf den Kopf. Genau diesen Aspekt bringt der Film wunderbar auf den Punkt.

6. Die romantischen Südstaaten

Der Film setzt mit Folgendem Text ein:
There was a land of Cavaliers and Cotton Fields called the Old South... Here in this pretty world Gallantry took its last bow... Here was the last ever to be seen of Knights and their Ladies Fair, of Master and of Slave... Look for it only in books, for it is no more than a dream remembered. A Civilization gone with the wind...
Der Film spielt in den Südstaaten und ist eine einzige Hommage an die Südstaaten und den damaligen Lebensstil. Egal wie fragwürdig die Plantagenbesitzer mit ihrer Sklavenhaltung sein mochten - dem Film geht es einfach nur um den Reichtum und den Glanz der Plantagen, der typischen Südstaatenvillen, die Bälle und tollen Kleider. Der Film schafft es so wunderbar die Atmosphäre einzufangen, dass man diese Zeit doch gerne miterlebt hätte und eine gewisse Sehnsucht danach weckt.

Fazit

Für mich war "Vom Winde verweht" im Großen und Ganzen ein Film, der sich zu schauen gelohnt hat. Natürlich finde ich, dass man den Film sicher irgendwie hätte kurzen können, weil es doch schwer ist, sich die vollen 4 Stunden zu konzentrieren, aber irgendwie braucht man doch jede Szene des Films, weil sie alle zu der Entwicklung von Scarletts Charakter beitragen. 

Scarletts Charakter war der Punkt, der mich an dem Film am meisten begeistert hat - man sieht es doch sehr selten, dass ein Film einen so biestigen Charakter in der Hauptrolle hat und das war wirklich erfrischend und interessant. Der gesamte Film dreht sich eigentlich nur um Scarlett und wie sich die verschiedenen Einflüsse, wie der Krieg, auf ihr Leben auswirken. Es ist eine wundervolle Charakterstudie mit vielen Charakterwandlungen der Hauptperson in gute und schlechte Richtungen, die sich viel Zeit für ihre Entwicklung lässt und diese stehts nachvollziehbar macht. 

Für mich sind starke Charaktere und nachvollziehbare Charakterwandlungen, die sich die Zeit lassen, die sie brauchen, die wichtigsten Aspekte an Geschichten. "Vom Winde verweht" glänzt in beidem und kann sich die vier Stunden Filmzeit von meiner Seite aus definitiv leisten!

Habt ihr noch andere Gründe den Film zu schauen? Vielleicht auch Gründe dagegen? Lasst es mich wissen!


Kommentare