"Welt in Angst" von Michael Crichton Rezension



Laut Klappentext handelt das Buch (Originaltitel: State of Fear) von einem Geheimagenten, der quer durch die Welt reist und verschiedene Hinweise verfolgt, um geplante Klimakatastrophen zu verhindern.

Die Gefahr droht von einer radikal gewordenen Umweltorganisation, die ihre eigentlich gute Message, dass ein schlimmer Klimawandel droht & die Welt JETZT auf energiesparende Mittel, etc. umsteigen soll, dadurch verstärken will, dass sie (künstlich) Klimakatastrophen (wie Tsunamis) entstehen lassen will. Die Aufmerksamkeit & den Schrecken, den diese Katastrophen mit sich bringen, würde mehr Anhänger & Sponsorgelder in die Arme der Organisation treiben.

Den zweiten Absatz ließt man aus dem Klappentext so zwar nicht heraus, aber ich finde er ist wichtig um über das Buch zu sprechen. Ich hatte zwar mit einem Roman gerechnet, der sich mit Klimawandel, Erderwärmung, etc. beschäftigt, aber NICHT damit, dass diejenigen, die sich für die Umwelt einsetzen, die "Bösen" sind. 

Außerdem dauert es eine Weile bis der Geheimagent, der im Klappentext so als Protagonist hervorgehoben wird, überhaupt mal in Erscheinung tritt - und selbst dann ist er mehr Nebencharakter.

Insgesamt aber ein sehr gutes Buch, zu dem ich nun ein bisschen was sagen möchte. Vor allem bezüglich der wichtigen, interessanten Thematiken, die das Buch behandelt.

Ordentlicher Agententhriller

Wenn man eine spannende Agentengeschichte (wenn auch nicht aus dem Blickwinkel des Agenten) & einen fesselnden Thriller erwartet ist man hier auf jeden Fall richtig. Das Buch konnte man schwerer aus der Hand legen, es war eigentlich durchgehend interessant, zudem schön geschrieben, und hatte auch eine Menge Action & tolle Charaktere dabei.

Erzählt wird aus der Sicht mehrere Charaktere, hauptsächlich aber aus der Sicht des Anwaltes Peter Evans, der anfangs wie der Leser ziemlich unwissend ist und nach und nach in die Thematik & die Gefahr eingeführt wird. Der Storyverlauf ist solide, lässt nie Langeweile aufkommen & hat auch sehr interessante Settings, Schauplätze, etc.

Gut Recherchiert

Was ich von dem Buch nicht erwartet hatte: wie gut der Autor sich auskennt & zu dem Thema Klimawandel & globale Erwärmung recherchiert hat. Immer wenn die Charaktere etwas zu dem Thema zu sagen haben, finden sich Fußnoten, die direkt auf Fachliteratur verweisen. Und das nicht nur ein paar Mal sondern manchmal gut drei bis viermal auf einer Seite. Wenn in dem Buch also eine Behauptung aufgestellt wird, kann man sich auch sicher sein, dass man etwas Handfestes vor sich hat. Vor allem da viele Behauptungen ziemlich widersprüchlich zur eigenen Haltung sind, war es wahnsinnig interessant, dass eben fast alles belegt werden kann, was in dem Buch steht.

Die Frage, ob der vom Menschen verursachte Klimawandel existiert

Bevor ich weiter auf die Frage eingehe: Das Buch ist aus dem Jahr 2004. Alles worüber ich jetzt rede trifft also auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse dieser Zeit zu, aber vielleicht nicht mehr auf das Jahr 2017.

Am Anfang des Buches ist man noch im vertrauten Terrain. Der Anwalt Peter Evans hat vor allem Umweltschützer als Klienten & ist selbst ein treuer Verfechter der Umwelt. Im Laufe der Geschichte wird er dann allerdings immer weiter von Fakten bedrängt, die - mit fundierten Belegen - behaupten, dass es keine so starke Erderwärmung gibt, dass sie nicht zwingend vom CO2-Ausstoß abhängt, dass manche Gletscher sogar kälter werden, statt zu schmelzen, dass der Meeresspiegel nicht ansteigt - solche Dinge, die man eigentlich für selbst verständlich gehalten hat (wenn man sich jetzt nicht tief mit Klimawandel beschäftigt). Meistens ist man als Leser selbst vor den Kopf gestoßen & fragt sich ob das alles wirklich stimmt - kann ich jetzt auch nicht garantieren, aber das Buch hat wie schon gesagt, viele Quellenangaben.

Auf jeden Fall wird das Buch so richtig interessant, weil man anfängt sich zu wundern und nachzudenken. Auch wenn häufig Monologe über wissenschaftliche Themen kommen (irgendwann hat es etwas sehr lustiges, wenn ein neuer Charakter ein Stichwort liefert & man als Leser nur noch auf den Antwortmonolog wartet) sind diese einfach zu lesen & nicht zu hochgestochen formuliert - sie sind auch nicht langweilig und halten die Story auf. Sie sind deswegen interessant, weil man eben mit der gegenteiligen Meinung gerechnet hat.

Das alles klingt jetzt ein bisschen so, als wäre das Buch recht konservativ & von Klimawandelverleugnern geschrieben - ist es aber nicht. Der Autor hat sich durchaus Gedanken gemacht - schlaue Gedanken & bietet auch ein paar Lösungsansätze, wie man eigentlich mit dem Klimawandel umgehen sollte. Er leugnet ihn nicht - er ist nur der Meinung, dass man falsch mit ihm umgeht & Fakten verdreht, Angst schürt, statt sinnvolle Lösungen für die Probleme zu finden. Deshalb ist es auch recht interessant in den Anhang rein zulesen in dem der Autor außerhalb der Geschichte Position bezieht.

The nasty little apes that call themselves human beings can do nothing except run and hide. For these same apes to imagine they can stabilize this atmosphere is arrogant beyond belief. They can't control the climate.

Auch wenn das alles auf wissenschaftlichen Erkenntnissen von vor über 10 Jahren basiert - es sind Aspekte dabei, aus denen man trotzdem etwas lernen kann & man erfährt eine Menge verblüffende Fakten über den Klimawandel & unsere Umwelt. Auch über entferntere Themenbereiche.

Welt in Angst - State of Fear

Auch wenn ich finde, dass der Englische Titel eleganter klingt, drücken beide das Thema des Buches gut aus.
Es geht um - Überraschung - um Angst in der heutigen Gesellschaft. 
[...] social control is best managed through fear. (S.500)
Das Thema Angst - vor allem unbegründete Angst - die zu so vielen dummen Taten führen und von Mächtigen missbraucht werden kann, ist ein wichtiges Thema. Dazu noch einen - ausdrucksstarken - Textauszug aus State of Fear:

"Has it ever occurred to you how astonishing the culture of Western society really is? Industrialized nations provide their citizens with unprecedented safety, health, and comfort. Average life spans increased fifty percent in the last century. Yet modern people live in abject fear. They are afraid of strangers, of disease, of crime, of the environment. They are afraid of the homes they live in, the food they eat, the technology that surrounds them. They are in a particular panic over things they can't even see: germs, chemicals, additives, pollutants. They are timid, nervous, fretful, and depressed. And even more amazingly, they are convinced that the environment of the entire planet is being destroyed around them. Remarkable! Like the belief in witchcraft, it's an extraordinary delusion: a global fantasy worthy of the Middle Ages. Everything is going to hell, and we must all live in fear. Amazing." (S.500-501)

Ideologien

An irgendwelchen religiösen Ideologien & Überzeugungen fest zu halten ist in der heutigen Zeit ja sowieso nicht mehr so erwünscht. Michael Crichton greift dieses Thema auf, nimmt statt religiösen wissenschaftliche Überzeugungen, die irgendwann wiederlegt werden. Nur kümmert es zu diesem Zeitpunkt niemandem mehr, da jeder schon fest genug daran glaubt. Dieser Aspekt ist interessant dargestellt, da Crichton im Rahmen seines Romans von realen Fällen berichtet, in dem Wissenschaftler zu neuen Ergebnissen gekommen sind, die Politik aber trotzdem noch aufgrund der alten Erkenntnise handelt - was teilweise fatale Folgen hat.

I have more respect for people who change their views after acquiring new information than for those who cling to views they held thirty years ago. The world changes. Ideologues and zealots don’t.

 Wieso ihr das Buch lesen solltet:

Ich hab jetzt ein paar Themenbereiche angerissen, die das Buch behandelt - bzw. mit denen es sich ausführlich auseinander setzt.

Das Buch ist wahnsinnig unterhaltsam - spannend, gut geschrieben, sympathische Charaktere - und dabei wirklich lehrreich - aber eben nicht trocken. Die wissenschaftlichen oder philosophischen Monologe & Themen sind gut in die Geschichte miteingebaut und auch einfach & verständlich formuliert.

Zudem sind es wirklich wichtige Themen über die der Autor redet, über die man selbst besser nochmal nachdenken sollte.

Man sollte das Buch also lesen, weil es so viel Wissenswertes wirklich gelungen in einer spannenden & unterhaltsamen Geschichte verpackt.

Kommentare